Universität Zürich, Kantonsschulstrasse 3, Raum KAB-G-01
Bildungsraum – Bildungsräume
Mit Blick auf aktuelle Entwicklungen im schweizerischen Bildungswesen – Stichwort «Harmonisierung» – werden im Rahmen dieser Veranstaltung folgende Fragen diskutiert. Welche räumlichen Ordnungskriterien (z.B. Stadt-Land, Konfession, Sprache) waren im Laufe der Zeit bestimmend für die schweizerische Bildungslandschaft? Inwiefern wurden in der Vergangenheit bestehende Grenzen (geographisch wie auch im übertragenen Sinne) im Bildungsbereich überschritten und so gegebenenfalls neue Räume geschaffen? Kann heute tatsächlich, wie es in der Bundesverfassung heisst, von einem «Bildungsraum Schweiz» die Rede sein oder existieren nicht vielmehr (immer noch) verschiedene, historisch gewachsene Bildungsräume nebeneinander?
Von den Bildungsräumen zum Bildungsraum? – oder: Was heisst eigentlich Bildungsföderalismus in der Schweiz? Eine thematische Einführung
Prof. Dr. Lucien Criblez, Universität Zürich
In der Bundesverfassung wird die Schweiz seit 2006 als «Bildungsraum» bezeichnet. Trotzdem ist Bildungspolitik nach wie vor wesentlich Aufgabe der 26 Kantone, die ihre Bildungssysteme zumindest de jure autonom regeln. Der einführende Beitrag geht davon aus, dass Bildung nach wie vor eine Kernkompetenzen der Kantone ist, und dass die Kantone die wichtigsten Träger der Bildungspolitik sind. In einer historischen Langzeitperspektive wird zunächst darauf verwiesen, dass der Pfad des Bildungsföderalismus bei der Bundesstaatsgründung 1848 eingeschlagen wurde. Dieser Pfad prägt die bildungspolitischen Entscheidungssituationen bis heute nachhaltig. In einem zweiten Schritt wird auf die Anpassungsfähigkeit des Konzepts Bildungsföderalismus verwiesen, indem die wichtigsten Veränderungen im Verhältnis zwischen Kantonen und Bund rekonstruiert werden. Abschliessend wird angesichts nationaler Harmonisierung und sich verändernder internationaler Kontexte nach der aktuellen Bedeutung der Kantone als «Bildungsräume» in der Bildungspolitik gefragt.
Kennzahlen zum Bildungssystem nach Analyseregionen
Dr. Katharina Gallizzi & Katrin Mühlemann, Bundesamt für Statistik
Im Beitrag des Bundesamts für Statistik BFS wird eine Auswahl der statistischen Informationen zum Bildungsbereich nach den unterschiedlichen Analyseregionen präsentiert. Analyseregionen werden gebildet, um bestimmte Phänomene zu verdeutlichen, die mittels institutioneller und regionalpolitischer Gliederungen nicht oder nur ungenügend zum Ausdruck gebracht werden können. Derzeit werden vom BFS sieben Gliederungstypologien angeboten. Der Fokus des Referats liegt auf ausgewählten Kennzahlen zum Bildungsstand, zur Mobilität der Studierenden innerhalb der Schweiz, zur Organisation der Schulen und der Bildungsprogramme.
Die Bedeutung regionaler, (intra-)kantonaler und organisationaler Idiosynkrasien im Bildungsföderalismus. Einsichten am Beispiel der Institutionalisierung der Fachmittelschule
Sandra Hafner & Prof. Dr. Regula Julia Leemann, Pädagogische Hochschule FHNW
Im Beitrag wird die These verfolgt, dass die historische Institutionalisierung der Diplom- und späteren Fachmittelschule seit den 1970er Jahren im Spannungsfeld zwischen nationaler Konvergenz und regionaler Varianz erfolgt(e). Die Schule besass und besitzt in Bezug auf Governance, Lehrplan und Organisation eine Plastizität, welche sowohl Angleichung an ein nationales Profil wie weiterhin die Ausrichtung an regionale, (intra-)kantonale und einzelschulische Verhältnisse und historische Pfade erlaub(t)e. Diese Kompromissbildungen unterstütz(t)en die Etablierung der Schule als dritten eidgenössisch anerkannten Bildungsweg auf Sekundarstufe II. Die empirischen Daten stammen aus einem vom SNF finanziell geförderten Forschungsprojekt zur Fachmittelschule.
Different grain levels of the same reality – Wie Ergebnisse von Bildungsanalysen in Abhängigkeit der räumlichen Aggregationsebene variieren
Dr. Sybille Bayard & Flavian Imlig, Bildungsdirektion Kanton Zürich, Bildungsplanung
Die prominenteste politische und räumliche Einheit im Bildungsraum Schweiz sind die Kantone. Ihre umfangreichen Kompetenzen in vielen Bildungsbereichen sind historisch und politisch legitimiert. Viele Ergebnisse in Bildungsforschung- und -statistik greifen auf die Kantone als Analyseeinheiten zurück. Aber wie verändern sich Lesarten, räumliche Muster oder auch Schlussfolgerungen wenn man die Einheiten ändert? Was geschieht wenn man räumlich gröber oder feiner gliedert? Wir möchten an Beispielen aufzeigen, wie sich der Bildungsraum Schweiz aus statistischer Sicht darstellt, wenn man über die Kantone als Analyseeinheiten hinausgeht.
Série: Raum – Espace
Programm
9:30–9:40 Uhr |
Begrüssung |
9:40–10:45 Uhr |
Prof. Dr. Lucien Criblez (Universität Zürich): Von den Bildungsräumen zum Bildungsraum? – oder: Was heisst eigentlich Bildungsföderalismus in der Schweiz? Eine thematische Einführung |
10:45–11:00 Uhr |
Pause |
11:00–12:15 Uhr |
Dr. Katharina Gallizzi & Katrin Mühlemann (Bundesamt für Statistik): Kennzahlen zum Bildungssystem nach Analyseregionen |
12:15–13:15 Uhr |
Stehlunch |
13:15–14:30 Uhr |
Sandra Hafner & Prof. Dr. Regula Julia Leemann (Pädagogische Hochschule FHNW): Die Bedeutung regionaler, (intra-)kantonaler und organisationaler Idiosynkrasien im Bildungsföderalismus – Einsichten am Beispiel der Institutionalisierung der Fachmittelschule |
14:30–14:45 |
Pause |
14:45–16:00 Uhr |
Dr. Sybille Bayard & Flavian Imlig (Bildungsdirektion Kanton Zürich, Bildungsplanung): Different grain levels of the same reality – Wie Ergebnisse von Bildungsanalysen in Abhängigkeit der räumlichen Aggregationsebene variieren |
16:00 Uhr |
Abschluss der Tagung |
Tagungsorganisation: Prof. Dr. Lucien Criblez, Dr. Michèle Hofmann, Universität Zürich, Institut für Erziehungswissenschaft (im Auftrag des Vorstandes der Schweizerischen Gesellschaft für Bildungsforschung, SGBF)
Der Besuch der Tagung ist kostenlos.